UX as a Promise @mprove

WaschbeckenErst das Brigitte-Forum, dann Xing, dann Twitter. Was ist denn da bitte los?

Podio (ex Citrix, now Vista Equity Partners and Evergreen Coast Capital) und Slack (Salesforce) schließen ebenfalls ihre Bezahlschranken und machen es damit NonBudget-Communities fast unmöglich deren Tools zu benutzen.

Gutes Geld für gute Leistung. Das ist nicht mein Punkt. Und mit Freemium-Modellen kann man ja auch neue User gewinnen, die dann im professionellen Kontext zu zahlenden Kunden werden. Aber so?

Nach Asimov und Raskin sollte gelten: „Any system shall not harm your content or, through inaction, allow your content to come to harm.“

Treffer. Volltreffer versenkt – wenn Community-Content ins Datennirvana versinkt oder wenn es hinter einem unerwarteten Premiummodell als Geisel genommen wird.

Klar, die Gründe sind im einzelnen klar bis diffus. Im Sinne der User Experience, Customer Experience oder Brand Experience ist allerdings keine dieser Entscheidungen zu erklären.

Ein ehemaliger Sun xDesign Director postulierte: „user experience is a promise.“ – [Nutzererfahrung ist ein Versprechen(?)]

Da ich das Wirrwarr um die Definition von UX nicht noch weiter treiben möchte, sage ich mal: Nö, passt nicht. Aber der wahre Kern ist Folgender: Jede Website, jedes Social Network ist eine Einladung an die Nutzer das Angebot zu erkunden und sich gemäß der jeweiligen Regeln dort Profile einzurichten, virtuelle Freundschaften zu pflegen und Projekte und Geschäfte zu starten. Jede Platform ist ein Versprechen, dass dieser Online-Space einen gewissen zeitlichen Bestand hat und unter konstanten Bedingungen seinen Service anbietet.

Ein Forum, dass geschlossen wird, oder ein Funktionsbereich, der ersatzlos und ohne nachvollziehbare Erklärung weg fällt, verstimmt den Anwender. Eigene Forenbeiträge oder Media-Uploads, die verschwinden, lassen die empfundene UX ins Bodenlose fallen. Der User ist enttäuscht wie nach einem gebrochenen Versprechen unter Freunden, wenn der User-Generated-Content auf der Plattform nicht mehr zugreifbar ist.

Ein verprellter User ist weg. Und er merkt sich das und kommt nicht wieder. Man hat nicht nur einen Kunden verloren, sondern riskiert auch nachhaltigen Schaden für die Marke durch Spott und Proteste – Neudeutsch: durch Shit Storms.

Falls die ganze Firma zu Fall kommt, braucht man sich um den ramponierten Ruf keine Sorgen zu machen. Plant man aber als Firma eine strategische Neuausrichtung, so ist mit radikalen Änderungen behutsam umzugehen. Es gilt das Risiko zu kalkulieren, das man für die Neuerung eingeht. Es gilt die User im Sinne der Definition von UX auf die anstehenden Änderungen vorzubereiten, und sie bei den Umstellungen zu begleiten. Ohne Verständnis für die neue Strategie und ohne wahrgenommenen Nutzen des neuen Angebots wird der Anwender sich nach Alternativen umschauen.

Es war einmal Twitter… – Ich bin auf facebook und nutze noch iTunes. – Danke Opa, lass mal stecken. – Und selbst? foursquare und snapchat… Haha…– Was soll dieses Delicious gewesen sein?

Dies Essay wird keine Happy-End haben. Die Lehren, die man aus früheren Branding-Katastrophen hätte ziehen können, sind offenbar bei manch Entscheidern nicht eingesickert. Let that sink in…

Seid gegrüßt und haltet die Ohren steif.

Matthias MProve

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Photo: Im Flur der Designschule Schwerin ccbync mprove photography

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à propos: Jochen Koubek: Virtuelle Eschatologie. Über das Abschalten von Online-Gemeinschaften. (Hyperkult 25, video)


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